Welcome - I cannot help you!
Without knowing what to expect, we climb the stairs to the gallery. The entrance is covered in black molton and a tall man dressed in a dark suit with a square face immediately grasps my questioning gaze. He radiates a presence that is difficult to assess. One does not know whether he is standing in front of the entrance to guard it or to welcome us guests. Wordlessly he reaches out his hand to greet us. Only now do I notice the black cables that lead out of the exhibition room, disappear under his trouser legs and are connected at his wrists by two cameras.
Carefully I push the curtain to the side and enter the darkened exhibition room. Two large video projections show immediately what is happening in front of the entrance. But the placement of the cameras on the wrists shifts the perception. All images are removed from the usual order in two ways: spatially, because the perspectives change quickly. On the other hand, the (de-)placement of the cameras removes the visual spatial experience from the familiar unity with the internal attention. Image and action, image and events in front of the entrance are connected in a crazy way.


Welcome - I cannot help you!
Ohne zu wissen was uns erwartet, steigen wir die Treppen zur Galerie hinauf. Der Eingang ist von schwarzem Molton verhüllt und ein in einen dunklen Anzug gekleideter, groß gewachsener Mann mit kantigem Gesicht, erfaßt sofort meinen fragenden Blick. Er strahlt eine schwer einzuschätzende Präsenz aus. Man weiß nicht, ob er vor dem Eingang steht, um diesen zu bewachen oder um uns Gäste Willkommen zu heißen. Wortlos reicht er uns zur Begrüßung die Hand. Jetzt erst bemerke ich die schwarzen Kabel, die aus dem Ausstellungsraum hinausführen, unter seinen Hosenbeinen verschwinden und an seinen Handgelenken mit zwei Kameras verbunden sind.
Vorsichtig schiebe ich den Vorhang zur Seite und betrete den abgedunkelten Ausstellungsraum. Zwei große Videoprojektionen zeigen unmittelbar was vor dem Eingang geschieht. Doch durch die Platzierung der Kameras an den Handgelenken verschiebt sich die Wahrnehmung. Alle Bilder sind in zweifacher Weise aus der gewohnten Ordnung entrückt: zum einen räumlich, da die Perspektiven rasch wechseln. Zum anderen löst die (De-) Platzierung der Kameras die visuelle Raumerfahrung aus der gewohnten Einheit mit der internen Aufmerksamkeit. Bild und Handlung, Bild und Ereignisse vor dem Eingang hängen in verrückter Weise zusammen.


Welcome_LR

wilcome innen dunkel

page3-1006-full

Anyone who gets involved with the art of Ralf Berger can expect surprises. Either the artist creates unusual or even intimate stagings or he confronts the viewer with himself from unexpected perspectives. Whether in video installations or happenings - the 40-year-old artist sometimes stages situations with actors as well - the actions often remain hermetic until a moment of dissolution, which the artist dramaturgically skilfully employs.
Berger's third solo exhibition at Luis Campana featured the invitation card as a "Flyer for the 'Last Round'" with the artist's goblin-like photo portrait as he stretches out his tongue quite far and holds a plaster skull close to his grimacingly distorted face. At the vernissage, the visitor was greeted by a handshake in front of the gallery entrance by a strong man who, in appearance and appearance, could have been a bouncer of one of the neighboring clubs. Inside the gallery, the visitor might have recognized himself in the act of greeting in front of the door in large projections that were extremely moving and real time. He might also have noticed that the doorman had recorded a variant of Reality Show with cameras on his wrists.
Ralf Berger's concept of action and presentation is radical; it corresponds entirely to the artist's repeated statement that he could "imagine nothing more intimate than making art. Accordingly, a video installation shows Berger licking the gallery walls at tongue height or, in another, self-filmed action, walking naked through his studio, dressing, and the procedure has of course been recorded "from the wrist" and 1:1.
Space, time and movement are the basic categories of Berger's performative works, all of which the artist likes to call sculptures, regardless of genre differences. Many of the filmed actions traverse spaces, places that have to do with the exhibition site. The video installation at the Helga de Alvear Gallery in Madrid in 1998 showed a frog's eye view of the route from the hotel where the artist resided at the time of opening to the exhibition that had just been set up. This time the artist had his cameras attached to his feet as he walked along the path, which of course opened up completely new perspectives on Madrid's inner city.
Not only does the artist living in Düsseldorf seem to like to play with the viewer's perception, he also often makes the recipient - sometimes unintentionally - a co-actor or co-designer of his exhibits, for example in 1995 at the Galerie Campana and in 1999 at the Kunstverein Düsseldorf, when visitors were asked to spit on a freezing plate in order to participate in the design of an artwork.
UTA M. REINDL - KUNSTFORUM - VOLUME 158, 2002, EXHIBITIONS: KÖLN, P. 331

Wer sich auf die Kunst von Ralf Berger einlässt, darf mit Überraschungen rechnen. Entweder kommt es zu ungewöhnlichen oder gar intimen Inszenierungen des Künstlers oder dieser konfrontiert den Betrachter aus unerwarteten Perspektiven mit sich selbst. Ob in Videoinstallationen und Happenings - der 40-jährige Künstler setzt Situationen mitunter auch mit Schauspielern in Szene -die Aktionen bleiben oft hermetisch bis zu einem Moment der Auflösung, den der Künstler dramaturgisch äußerst geschickt ansetzt.
Zu Bergers dritter Einzelausstellung bei Luis Campana gab es die Einladungskarte als "Flyer zur 'Letzten Runde'" mit dem koboldartigen Fotoporträt des Künstlers, als dieser seine Zunge ganz weit herausstreckt und sich einen Totenkopf aus Gips dicht an das grimassenhaft verzerrte Gesicht hält. Auf der Vernissage wurde der Besucher vor dem Galerie-Eingang per Handschlag von einem kräftigen Mann begrüßt, der dem Auftreten und Aussehen nach durchaus Türsteher einer der benachbarten Clubs hätte sein können. Im Innern der Galerie mochte sich der Besucher in arg bewegten und realzeitlichen Großprojektionen im Begrüßungsakt vor der Tür erkennen. Er mochte zudem feststellen, dass der Türsteher mit Kameras an den Handgelenken eine Variante von Reality Show aufgezeichnet hatte.
Der Aktions- und Präsentationsbegriff Ralf Bergers ist radikal, dieser entspricht ganz dem gerne von dem Künstler wiederholten Statement, er könne sich "nichts Intimeres vorstellen, als Kunst zu machen". Eine Video-Installation zeigt demgemäß Berger die Galeriewände in Zungenhöhe ablecken oder in einer anderen, selbst gefilmten Aktion nackt sein Atelier durchschreiten, sich ankleiden und das Procedere ist natürlich " aus dem Handgelenk" und 1:1 aufgezeichnet worden.
Raum, Zeit und Bewegung sind die Grundkategorien der performativen Arbeiten Bergers, die der Künstler gerne allesamt - ungeachtetet der Genreunterschiede - als Skulpturen bezeichnet. Viele der gefilmten Aktionen durchmessen Räume, Orte, die mit dem Ausstellungsort zu tun haben. Die Video- Installation in der Galerie Helga de Alvear in Madrid von 1998 zeigte ein froschperspektivisches Streckenprotokoll vom Hotel, wo der Künstler zur Eröffnungszeit residierte, bis hin zur gerade aufgebauten Ausstellung. Diesmal hatte der Künstler beim Abschreiten des Weges die Kameras an den Füßen befestigt, was natürlich ganz neue Sichtweisen Madrids Innenstadt eröffnete.
Nicht bloß mit des Betrachters Wahrnehmung scheint der in Düsseldorf lebende Künstler gerne sein Spiel zu treiben, auch macht er den Rezipienten oft - mitunter auch ungewollt - zum Mitakteur oder Mitgestalter seiner Exponate, so 1995 in der Galerie Campana und 1999 im Kunstverein Düsseldorf, als die Besucher gebeten wurden auf eine Gefrierplatte zu spucken, um so an der Gestaltung eines Kunstwerks zu partizipieren.
UTA M. REINDL - KUNSTFORUM - BAND 158, 2002, AUSSTELLUNGEN: KÖLN, S. 331

zurück/back